Nachfolgend finden Sie Informationen zu den Fragen, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber eine Verdachtskündigung aussprechen kann und wie Sie sich als Arbeitnehmer bei Erhalt einer solchen Kündigung am Besten verhalten.
Als eine Verdachtskündigung wird eine Kündigung des Arbeitgebers bezeichnet, die er mit dem Verdacht begründet, dass ein Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers vorliege, welcher das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen zerstört habe. Die Verdachtskündigung wird dann ausgesprochen, wenn der Arbeitgeber nicht nachweisen kann, dass ein bestimmter Pflichtenverstoß vorliegt, aber dringende Verdachtsmomente bestehen, die eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar machen, da das dafür notwendige Vertrauensverhältnis entfallen ist.
Die Verdachtskündigung ist regelmäßig eine außerordentliche und fristlose Kündigung. Nur in seltenen Fällen kann eine ordentliche Verdachtskündigung ausgesprochen werden, wenn aufgrund des Verdachts der Wiederholung eines abgemahnten Pflichtenverstoßes gekündigt wird.
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Eine Abmahnung ist in der Regel nicht erforderlich, da nicht wegen eines vertragswidrigen Verhaltens gekündigt wird, sondern wegen des Verdachts eines solchen Verhaltens. Da die Verdachtskündigung regelmäßig nur ausgesprochen werden kann, wenn der Verdacht eines besonders schweren Pflichtenverstoßes besteht, kann ein in der Zukunft liegendes Verhalten nicht den begründeten Verdacht aus der Welt schaffen. In besonderen Ausnahmefällen kann eine bereits erfolgte Abmahnung erforderlich sein, wenn eine ordentliche Verdachtskündigung wegen des Verdachts eines wiederholten und bereits abgemahnten Pflichtenverstoßes ausgesprochen werden soll.
a) Dringender Tatverdacht
Der Arbeitnehmer muss unter dem dringenden Verdacht stehen, gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten gravierend verstoßen zu haben. Dringender Tatverdacht bedeutet, dass der Arbeitnehmer mit hoher Wahrscheinlichkeit den Pflichtenverstoß begangen hat, der ihm vorgeworfen wird. Der dringende Tatverdacht muss auf objektive und nachprüfbare Tatsachen begründet sein. Der Tatverdacht und der vorgeworfene Pflichtenverstoß müssen so gravierend sein, dass dem Arbeitgeber eine weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar ist.
b) Verhältnismäßigkeit der Verdachtskündigung
Eine Verdachtskündigung ist erst nach Ausschöpfung aller zumutbaren Informationsquellen zulässig und wenn danach der dringende Tatverdacht nicht ausgeräumt werden konnte. Hierzu gehört zwingend, dass der Mitarbeiter vor der Verdachtskündigung angehört wird und ihm die Möglichkeit eingeräumt wird, die Verdachtsmomente zu beseitigen. Hierzu müssen dem Arbeitnehmer bei der Anhörung alle erheblichen Umstände mitgeteilt werden, aus denen der Arbeitgeber den Verdacht ableitet. Soweit der Arbeitnehmer die Anhörung verweigert, kann die Kündigung ohne eine Anhörung ausgesprochen werden.
c) Interessensabwägung
Auch wenn alle obigen Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nur dann zulässig, wenn eine umfassende Interessensagwägung ergibt, dass die Interessen des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Interessen des Arbeitnehmers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses überwiegen. Dabei ist zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, wie lange das Arbeitsverhältnis unbeanstandet gearbeitet hat, ob es sich nur um eine geringfügige Pflichtverletzung ohne weitere Auswirkung gehandelt hat, ob frühere Pflichtverstöße vorgekommen sind und ob der Arbeitgeber vielleicht ein Mitverschulden trägt. Daneben sind Sozialdaten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen wie Lebensalter, Aussichten am Arbeitsmarkt, Unterhaltspflichten etc. Für eine Kündigung spricht bei der Interessensabwägung hingegen, wenn es sich um einen schweren Pflichtenverstoß handelte, der betriebliche Auswirkungen hatte und beispielsweise einen wirtschaftlichen Schaden nach sich zog oder den Betriebsfrieden bzw. die Betriebsdisziplin gestört hat.
d) Einhaltung der Ausschlussfrist aus § 626 Abs. 2 BGB
Die Verdachtskündigung muss innerhalb einer Frist von zwei Wochen gemäß § 626 Abs. 2 BGB erklärt werden. Dem Arbeitnehmer muss innerhalb dieser Frist die Kündigung zugegangen sein. Versäumt der Arbeitgeber diese Frist, ist eine fristlose Verdachtskündigung nicht mehr möglich.
Die Frist beginnt, soweit der zur Kündigung Berechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis vom Kündigungssacherhalt hat, die ihm die Entscheidung ermöglicht, ob ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht. Die Kenntnis eines Vorgesetzten, der nicht zur Kündigung berechtigt ist, reicht grundsätzlich nicht aus. Die Zwei-Wochen-Frist wird gehemmt, wenn der Arbeitgeber den zur Ermittlung des Kündigungssachverhalts erforderlichen Ermittlungen vornimmt.
Weitere wichtige Voraussetzungen einer Verdachtskündigung finden Sie in unter Checkliste außerordentliche/fristlose Kündigung. Dort sind die für eine Kündigung einzuhaltenden Formalitäten und viele weitere Hürden für eine Kündigung erläutert.
Da sich im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses herausstellen kann, dass der Arbeitgeber einen Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers, den er als Kündigungsgrund verwenden möchte, nicht abschließend beweisen kann, ist eine Kombination von Tat- und Verdachtskündigung ausdrücklich zu empfehlen. Nachdem in der Kündigungserklärung keine Kündigungsgründe benannt werden müssen, kann der Arbeitgeber erst im Kündigungsschutzprozess sich auch auf den dringenden Tatverdacht stützen, wenn er die Tat nicht beweisen kann. Dem Arbeitgeber ist ein solches Vorgehen abgeschnitten, wenn er einen im Betrieb bestehenden Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung nicht zur Tatkündigung und zur Verdachtskündigung angehört hat. Daneben hat er auch im Rahmen der Verdachtskündigung den Arbeitnehmer anzuhören.
Gerne klären wir mit Ihnen in einem persönlichen Gespräch den Sachverhalt und loten Ihre rechtlichen Möglichkeiten aus. Darauf basierend können wir mit Ihnen die für Sie sinnvollste Strategie festlegen. Die obigen Darstellungen ersetzen ein solches Gespräch nicht, sondern bieten nur einen Überblick über einige wichtige rechtliche Aspekte bei dieser Fragestellung.
Soweit Sie bereits eine Kündigung erhalten haben, ist schnelles Handeln erforderlich, da Sie ab Zugang der Kündigung nur drei Wochen Zeit haben, um Ihre Rechte geltend zu machen. Einzelheiten dazu finden Sie unter Sie wurden gekündigt? Was Sie jetzt tun sollten.