Bedingt durch die Rechtsprechung, die ein wohlwollendes Zeugnis verlangt und die Pflicht zur Wahrheit, die eben dies oft schwer ermöglicht, hat sich eine eigene Sprache bei den Arbeitszeugnissen entwickelt.
Dies führt naturgemäß zu einigen Problemen. Besonders in Kleinbetrieben weiß der Aussteller des Zeugnisses selten, wie er seine Beurteilung formulieren soll. Er verwendet eher die Alltagssprache und sofern kein Wechsel in einen Großkonzern stattfindet, ist dies oft unproblematisch. „Herr Müller ist ein guter Facharbeiter“, diesen Satz wird ein Handwerker vermutlich richtig interpretieren. Ein Personaler, der nur die Formulierung „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ als sehr gut kennt, wird Herrn Müller nicht einstellen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass jeder die üblichen Formulierungen kennt und dies im Arbeitszeugnis verwendet.
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Die folgenden Standardformulierungen lassen keine anderen Interpretationen zu. Eine „Note“ in Form der üblichen Ausdrucksweise muss im Arbeitszeugnis vorhanden sein:
Ausdrücke wie „mit Fleiß und Interesse“, „Umgänglich“, „meinungsstark“ „ordnungsgemäß“ oder „gesellig“ sind Synonyme für Erfolglosigkeit, Geschwätzigkeit, Streitsucht, mit wenig Elan und Trunkenheit. Manche Formulierungen sind subtiler, aber ähnlich vernichtend.
Wer fleißig war, hat ohne Erfolg gearbeitet, ordnungsgemäßes Arbeiten deutet auf mangelnde Eigeninitiative hin. Auch ein stetiges Bemühen verheißt nichts Gutes. Wer Verständnis für die Arbeit zeigt, hat diese nicht erledigt.
Noch schlimmer ist, wenn im Zeugnis davon die Rede ist, dass der Arbeitnehmer bemüht war den Aufgaben gerecht zu werden, denn er war willig aber unfähig. Wenn der Chef bestätigt, dass er sich im Rahmen seiner Fähigkeiten bewegt hat, meint er damit, ebenfalls, dass der Arbeitnehmer kaum zu etwas zu gebrauchen war.
Ein Satz wie „er kam mit allen Ansprechpartnern sehr gut zurecht und begegnete ihnen immer mit freundlicher, offener und zuvorkommender Art“ zeigt, dass das Verhalten absolut zufriedenstellend ist. Auch sollte ein Hinweis, dass man sich gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Externen jederzeit vorbildlich verhielt, nicht fehlen. Hier steckt die Kritik im Weglassen.
Fehlen bei der Aufzählung, beispielsweise die Externen, war das Verhalten gegenüber den Kunden nicht korrekt. Wenn nur die Vorgesetzten genannt werden, heißt dies, dass es sich um einen angepassten Mitläufer handelt.
Einen schwierigen Mitarbeiter entlarvt der Satz, dass er sich gut zu verkaufen wusste. Geselligkeit, die zur Verbesserung des Betriebsklimas beiträgt, ist ein Hinweis auf übermäßigen Alkoholgenuss. Auch ein umfassendes Einfühlungsvermögen für die Kollegen ist kein Hinweis auf Ihre Qualitäten im Umgang mit Menschen, sondern deutet an, dass der Mitarbeiter homosexuell ist.
Wenn das Unternehmen sehr zufrieden war und den Mitarbeiter nur ungern gehen lässt, wird der Aussteller des Zeugnisses betonen, dass der Arbeitnehmer den Betrieb auf eigenen Wunsch verlässt. Er drückt sein Bedauern aus und wünscht für die Zukunft alles Gute.
Fehlt jeglicher Hinweis auf ein Bedauern, heißt dies, dass man dem Mitarbeiter keine Träne nach weint. Das gegenseitige Einvernehmen ist eine Umschreibung, dass der Betrieb gekündigt hat.
Wenn der Betrieb nur für die Mitarbeit dankt, freut man sich über das Ausscheiden.
Auch Wünsche für die Zukunft sind zweischneidig. Wer Erfolg wünscht, meint damit, dass dieser bisher ausblieb. Gute Wünsche für die Gesundheit sind ein Hinweis auf lange krankheitsbedingte Fehlzeiten.
Ein Zeugnis kann bei der Bewerbung ausschlaggebend sein, weiß Christian Götz, Jurist in der Rechtsabteilung der Gewerkschaft Ver.di. Es soll Aufschluss über die Tätigkeiten des Mitarbeiters geben und einem zukünftigen Arbeitgeber einen Eindruck über den Mitarbeiter vermitteln.
Personaler achten immer mehr auf das, was nicht erwähnt wird. Fehlt ein Satz über das Verhalten, gehen sie von einem schwierigen Menschen aus. Problematisch ist auch, wenn bei den im Zeugnis genannten Aufgaben einige Tätigkeiten fehlen, die für den Beruf typisch sind.
Auch eine Diskrepanz zwischen dem Schlusssatz und der Leistungsbeurteilung ist kritisch zu bewerten. Wenn die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers mit sehr gut bewertet werden und im Schlusssatz signalisiert wird, dass man über das Ausscheiden nicht traurig ist, wirkt das Zeugnis wie ein Gefälligkeitsgutachten.
Einen solchen „Geheimcode“ verbietet der zweite Absatz des Paragrafen 109 der Gewerbeordnung. Dort wird ausdrücklich verlangt, dass der Arbeitgeber keine Botschaften im Arbeitszeugnis verstecken darf. Trotzdem sind Doppeldeutigkeiten nicht auszuschließen.
Das Weglassen von Leistungskriterien bedeutet nichts anderes als „beredtes Schweigen“, ein geschulter Personaler erkennt sofort, dass hier eine schlechte Bewertung stehen würde, der Aussteller diese aber aus rechtlichen Gründen unterlassen hat.
Auf der anderen Seite ist es nicht immer Absicht, wenn ein Chef ein unvollständiges Zeugnis schreibt. Daher sollten Arbeitnehmer das Zeugnis prüfen lassen und wenn nötig eine Nachbesserung verlangen. Unter Umständen ist es möglich, ein Zeugnis auf dem Klageweg abändern zu lassen. Aber, auf eine vollständige Schlussformel mit Dank, Bedauern und guten Wünschen gibt es keinen Rechtsanspruch. Arbeitnehmer müssen natürlich keine Bewertungen die schlechter als befriedigend sind dulden. Auch Hinweise auf die sexuelle Ausrichtung und dass der Chef für weitere Auskünfte zu Verfügung steht, sind unzulässig und führen zur Pflicht der Nachbesserung. Eine auffällig falsch gesetzte Unterschrift oder das Betonen von banalen Tätigkeiten ist ebenfalls ein Grund, eine Nachbesserung zu erwirken.
Arbeitnehmer sollten sich von einem erfahrenen Anwalt beraten lassen und sich bei einer versteckten schlechten Bewertung um Nachbesserung bemühen.