Doch was ist, wenn sich bereits vor Arbeitsantritt auf einer Seite Zweifel bilden?
Diese Konstellation kann in der Realität beispielsweise aufkommen, wenn der Arbeitnehmer doch eine andere Arbeitsstelle gefunden hat und nun vor Arbeitsantritt kündigen möchte. Oder, wenn der Arbeitgeber einen geeigneteren Kandidaten für die Arbeitsstelle gefunden hat, der Arbeitsvertrag aber schon unterschrieben ist und er den Arbeitnehmer nun doch nicht einstellen mag.
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Vorab ist für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses festzustellen, dass Arbeitnehmer oder Arbeitgeber üblicherweise nicht von einem Arbeitsvertrag zurücktreten können. Denn in den meisten Arbeitsverträgen ist kein Rücktrittsrecht vereinbart, sodass ein Rücktritt nur im Ausnahmefall wie beispielsweise das Abbrennen der Betriebsstätte vor dem Arbeitsbeginn einen Rücktritt rechtfertigen. Auch ein Widerruf des Arbeitsvertrags ist nicht möglich.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber den Arbeitsvertag auch vor Arbeitsantritt durch eine Kündigung beenden können.
Grundsätzlich lässt sich diese Frage mit „Ja“ beantworten. Denn bei einer Kündigung vor Arbeitsantritt gelten die gleichen Voraussetzungen wie bei einer Kündigung nach Arbeitsantritt. Eine Kündigung vor Arbeitsantritt muss dementsprechend auch schriftlich erfolgen.
Arbeitnehmer können vor Beginn der Tätigkeit kündigen, wenn sie die Kündigungsfrist einhalten. Eine Problematik, die sich in diesem Zusammenhang früher stellte, war der Beginn der Kündigungsfrist. Ob die Kündigungsfrist ab dem Zugang der Kündigung läuft oder erst ab dem vertraglich vereinbarten Arbeitsbeginn, entschied aber das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Jahr 2004 (2 AZR 324/3): der maßgebliche Zeitpunkt für den Beginn der Kündigungsfrist ist nicht der vertraglich vereinbarte Arbeitsbeginn, sondern der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung.
Haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber somit z.B. eine Probezeit mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen vereinbart, ist eine Kündigung vor Arbeitsantritt meist unproblematisch, wenn das Kündigungsschreiben zwei Wochen vor Arbeitsbeginn dem Arbeitgeber zugegangen ist.
Wurde jedoch keine Probezeit vereinbart und beträgt die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist z.B. drei Monate, ist es für den Arbeitnehmer oftmals zeitlich nicht möglich, die Kündigungsfrist vor dem Arbeitsbeginn einzuhalten.
Wurde keine Regelung zu einer Kündigungsfrist im Arbeitsvertrag vereinbart, so gelten die gesetzlichen Regelungen zur Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Monats.
Wenn das Arbeitsverhältnis nicht rechtzeitig vor Arbeitsbeginn gekündigt werden kann, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, bis zum Ende der Kündigungsfrist im Betrieb des Arbeitgebers zu arbeiten.
Auch der Arbeitgeber muss sich an die vertraglich festgelegte Kündigungsfrist halten. Somit gilt auch hier, wenn keine Kündigungsfrist im Vertrag geregelt wurde, gilt die gesetzliche Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Monats.
Ein Kündigungsgrund seitens des Arbeitgebers muss nicht bestehen, da gemäß § 1 KSchG der gesetzliche Kündigungsschutz in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern erst nach sechs Monaten Mitarbeit greift.
Arbeitgeber sollten in ihrem Kündigungsschreiben zudem darauf hinweisen, dass sie fristgerecht oder hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen.
In vielen Arbeitsverträgen ist die Kündigung vor Arbeitsantritt ausgeschlossen. Dann ist eine Kündigung vor Arbeitsantritt nicht möglich. Das Recht zur fristlosen Kündigung vor Arbeitsantritt kann allerdings vertraglich nicht ausgeschlossen werden.
Eine fristlose Kündigung vor Arbeitsbeginn ist nur dann denkbar, wenn die Parteien einen schweren Verstoß gegen die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag begangen haben. Hierbei kommen z.B. Situationen wie diskriminierende oder rassistische Aussagen des neuen Mitarbeiters oder schwerwiegende Lügen bei dem Bewerbungsgespräch in Betracht.
Erscheint der Arbeitnehmer am ersten Arbeitstag schlichtweg nicht und legt auch keine Krankschreibung vor, kann ein Kündigungsgrund für eine fristlose Kündigung vorliegen. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Lohn besteht nicht, denn es gilt der Grundsatz: „Keine Arbeit, kein Lohn“.
Wenn die Kündigungsfrist vor Arbeitsbeginn noch nicht abgelaufen ist, ist der Arbeitnehmer grundsätzlich dazu verpflichtet, bis zum Ende der Frist, die geschuldete Arbeit zu verrichten. Dass dies oftmals nicht im Interesse des Arbeitgebers liegt, ist verständlich: für den Arbeitgeber bedeutet dies, dass er den Angestellten womöglich für nur wenige Wochen in dem Wissen, dass er den Betrieb verlässt, einarbeiten muss. In einigen Branchen allerdings kann selbst die Verrichtung der Arbeit für wenige Wochen hilfreich für den Betrieb sein.